Mit Aktivkohle behandelt man hauptsächlich akute Durchfallerkrankungen und Vergiftungen. Während bei der Durchfall-Behandlung wenige Gramm ausreichen, verwendet man bei Vergiftungen Mengen im dreistelligen Bereich. Weil Aktivkohle auch die Wirkung von Arzneimitteln aufhebt (neutralisiert), sollte man sie nicht gleichzeitig mit anderen Medikamenten einnehmen
Was ist Aktivkohle und Wirkweise?
Aktivkohle ist ein geschmack- und geruchloses schwarzes Pulver. Durch seine vielen Poren hat es eine sehr große Oberfläche. Aktivkohle wird aus pflanzlichen, tierischen, mineralischen oder petrochemischen Stoffen (z.B. Braun- und Steinkohle) gewonnen.
Aktivkohle bindet andere Stoffe an ihre Oberfläche (es adsorbiert sie). Adsorbierte Stoffe gelangen durch diese Bindung nicht oder zumindest schlechter in den Blutkreislauf und werden unverändert über den Stuhl ausgeschieden. Das macht man sich bei Durchfallerkrankungen und Vergiftungen zunutze.
Aktivkohle wirkt rein physikalisch durch ihre große Oberfläche. Sie bindet also die Giftstoffe (Toxine) an sich, ohne jedoch selbst in den Blutkreislauf aufgenommen zu werden. Bei diesen Giftstoffen kann es sich um organische und anorganische Stoffe, Bakterien oder Medikamente handeln.
Es gibt aber auch Situationen, in denen Aktivkohle keine Wirkung hat. Etwa bei Stoffen, die aufgrund ihrer vergleichsweise geringen Giftigkeit (Toxizität) erst in Dosen über 50 Gramm schädlich sind (wichtigstes Beispiel ist Ethanol, also Alkohol).
Anwendungsbereiche und Darreichungsformen
Mit Aktivkohle behandelt man vor allem akute unspezifische Durchfälle. Vor allem bei Reisen in Ländern mit niedrigem Hygienestandard ist Aktivkohle ein bewährtes Mittel bei Durchfall.
In der Medizin benutzt man Aktivkohle auch bei Vergiftungsnotfällen, um oral aufgenommene Gifte aus dem Organismus zu entfernen.
Aktivkohle gibt es in verschiedenen Darreichungsformen. Am häufigsten sind gepresste Tabletten (sogenannte Compretten).
Aktivkohle bei Durchfall
Die übliche Dosis für Erwachsene, Jugendliche und Kinder ab zwei Jahren gegen akuten unspezifischen Durchfall sind dreimal täglich jeweils vier Tabletten (zu je 250 Milligramm Aktivkohle). Das entspricht einer Tagesdosis von 3000 Milligramm (drei Gramm). Die Tabletten werden entweder zerkaut oder unzerkaut mit reichlich Flüssigkeit eingenommen.
Wenn Sie Aktivkohle einem Kleinkind geben wollen, zerkleinern Sie die Tabletten gründlich und mischen Sie das entstandene Pulver mit zähflüssiger oder breiiger Nahrung. Das erleichtert die Einnahme.
Aktivkohle wird so lange eingenommen, bis der Stuhlgang wieder normal ist. Hält der Durchfall länger als drei Tage an, ist ein Arztbesuch empfehlenswert.
Hinweis:
Unspezifische Durchfälle sind meist harmlos und verlaufen selbstlimitierend, sie hören also von alleine wieder auf. Oft sind Viren oder eine veränderte, ungewohnte Ernährung (z.B. im Urlaub) die Ursache. Wird der Durchfall von Fieber, Schmerzen oder Blut im Stuhl begleitet, ist ärztliche Hilfe gefragt.
Aktivkohle bei Vergiftungen
Bei einer akuten Vergiftung ist es wichtig, die Aktivkohle so früh wie möglich einzunehmen. Die erforderliche Dosis orientiert sich am Körpergewicht der vergifteten Person.
Hinweis:
Wenn Sie glauben, dass sich Ihr Kind oder Sie selbst vergiftet haben, kontaktieren Sie schnellstmöglich die Giftnotrufzentrale!
Fachgesellschaften empfehlen bei Erwachsenen mit 50 bis 100 Gramm Aktivkohle zu starten und anschließend alle zwei bis vier Stunden weitere 25 bis 50 Gramm einzunehmen. Bei Kindern beginnt man in der Regel mit ein bis zwei Gramm pro Kilogramm Körpergewicht und fährt mit 0,25 bis 0,5 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht alle zwei bis vier Stunden fort.
Unter ärztlicher Aufsicht oder in Absprache mit einem Spezialisten wird so lange weiter behandelt, bis es der betroffenen Person deutlich besser geht. Vor allem bei Giften, die länger im Körper zirkulieren, ist eine wiederholte Einnahme der Aktivkohle über 24 Stunden sinnvoll (z.B. bei einer Vergiftung durch Amatoxin aus dem Knollenblätterpilz).
Nebenwirkungen
Zu den häufigsten Nebenwirkungen von Aktivkohle gehören eine ungefährliche Schwarzfärbung des Stuhls, Übelkeit, Erbrechen und Verstopfung.
Die wiederholte Einnahme kann den Elektrolyt- und Wasserhaushalt beeinflussen. Eine sehr selten beschriebene Aspiration, also das Einatmen von Kohle, kann tödlich enden.
Hinweis:
Mehr Informationen zu den möglichen Nebenwirkungen finden Sie in der Packungsbeilage Ihres Aktivkohle-Medikaments. Wenden Sie sich an Ihre Ärztin, Ihren Arzt oder fragen Sie in Ihrer Apotheke, wenn Sie Nebenwirkungen vermuten.
Wechselwirkung mit anderen Medikamenten
Nehmen Sie Aktivkohle nicht gleichzeitig mit anderen Medikamenten ein, weil das zu einem Wirkungsverlust führen kann. Beispielsweise wird die Aufnahme von Mitteln gegen Herzschwäche (herzwirksame Glykoside wie Digitoxin) durch Aktivkohle um bis zu 90 Prozent gehemmt.
In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist Aktivkohle rezeptfrei in Apotheken erhältlich.
Artikel Quelle: https://www.netdoktor.de/medikamente/aktivkohle/
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